Wurden Sie zu einer Bewährungsstrafe verurteilt ist es wichtig zu wissen, dass eine solche Bewährung auch widerrufen werden kann. Sie müssen sich innerhalb der Bewährungszeit "bewähren" und beweisen, dass die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe gerade nicht erforderlich ist, um Sie von der Begehung weiterer Straftaten abzuhalten.
Schon kleine Verfehlungen können dazu führen, dass Ihre Bewährung widerrufen wird und die verhängte Freiheitsstrafe vollstreckt wird. Informieren Sie sich deshalb vorher genau, welche Anforderungen an Sie in der Bewährungszeit gestellt werden und welches Fehlverhalten unter Umständen mit dem Widerruf der Bewährung sanktioniert wird!
Hierzu schauen Sie am besten direkt in Ihren Bewährungsbeschluss. Was Sie dort im Einzelnen finden und was das für Sie im Hinblick auf die Gefahr eines Bewährungswiderrufs bedeutet, lesen Sie im Folgenden.
Den Begriff Bewährung kennt jeder, der schonmal mit dem Strafrecht in Berührung gekommen ist, sei es selbst, sei es über Medienberichte oder Erzählungen. Vielfach wird mit Bewährung einfach nur eine "zweite Chance" verbunden. So einfach ist es aber nicht. Denn diese zweite Chance ist an sehr strenge Voraussetzungen gebunden, die Sie unbedingt kennen und beherzigen sollten, um Ihre Freiheit nicht zu gefährden.
Sofern das Gericht Ihre Strafe zur Bewährung aussetzt, bekommen Sie neben dem Urteil auch einen Beschluss über die Aussetzung der verhängten Freiheitsstrafe zur Bewährung.
In diesem Beschluss werden festgelegt:
Grundsätzlich ist jede Bewährung mit der Pflicht verbunden, jeden Wohnortswechsel unverzüglich zu melden. Daneben kommen verschiedene Auflagen und Weisungen in Betracht, die das Gericht nach seinem Ermessen entsprechend der Tat sowie dem Charakter und den Lebensumständen des Verurteilten festlegt. Bei einem Verstoß gegen entsprechende Auflagen und Weisungen kommt ein Widerruf der Bewährung in Betracht. Ebenso, wenn Sie erneut straffällig werden.
Die Erteilung von Auflagen richtet sich nach § 56b StGB. Danach kann das Gericht dem Verurteilten Auflagen erteilen, die der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen und ihm hierzu auferlegen,
Auflagen sind also "tatbezogene Wiedergutmachungsbedingungen", die an den Täter als Voraussetzung für die Bewährung gestellt werden.
Im Gegensatz dazu betreffen Weisungen nach § 56c StGB die Lebensführung des Verurteilten. Das Gericht kann Weisungen erteilen, wenn er dieser Hilfe bedarf, um keine Straftaten mehr zu begehen.
Als solche Weisungen kommen in Betracht:
Mit Zustimmung des Verurteilten kommen außerdem die sehr weitreichenden Weisungen in Betracht, sich einer Heilbehandlung, die mit einem körperlichen Eingriff verbunden ist, oder einer Entziehungskur zu unterziehen oder die Aufnahme in einem geeigneten Heim oder einer geeigneten Anstalt.
Nicht jeder Verurteilte, dessen Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird, wird der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt. Eine solche Weisung erteilt das Gericht nach § 56d Abs. 2 StGB in der Regel, wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als neun Monaten zur Bewährung ausgesetzt wird und die Verurteilte Person noch nicht 27 Jahre alt ist. Voraussetzung ist außerdem, dass dies angezeigt ist, um die verurteilte Person von weiteren Straftaten abzuhalten.
Die Aufgabe des Bewährungshelfers liegt darin, der unter Bewährung stehenden Person leitend und betreuend zur Seite zu stehen und die Erfüllung von Auflagen und Weisungen zu überwachen. Außerdem berichtet der Bewährungshelfer in regelmäßigen Zeitabständen über dessen Lebensführung gegenüber dem Gericht.
Wann eine Bewährung widerrufen wird, regelt § 56f StGB. Danach liegt ein Widerrufsgrund vor, wenn der Verurteilte
Aus dem Wortlaut folgt vor allem erstmal eins: Nicht jede Straftat und nicht jeder Verstoß gegen Weisungen und Auflagen führt zum Widerruf der
Bewährung.
Im Fall der Begehung einer neuen Straftat, wird von Staatsanwaltschaften und Gerichten oft (vor)schnell ein Widerrufsgrund angenommen. Nach der Rechtsprechung kommt ein Widerruf der Bewährung aber vor allem dann nicht in Betracht, wenn es sich bei der neuen Tat um eine Tat mit geringem Gewicht, ein Gelegenheits- oder Fahrlässigkeitsdelikt handelt. Eine "Bagatellgrenze" gibt es nicht, die Frage eines Widerrufs ist immer eine Einzelfallfrage. Entscheidend ist, dass sich aus der neuen Straftat ergibt, dass der Betroffene die Verurteilung nicht als Warnung aufgefasst hat und er sich in Freiheit nicht straffrei verhalten wird. Voraussetzung ist, dass die neue Straftat rechtskräftig abgeurteilt ist, wobei auch im Ausland begangene Straftaten genügen, wenn die dortige Verurteilung auf einem rechtsstaatlichen Verfahren beruht. Auch eine nicht rechtskräftig verurteilte Tat genügt, wenn der unter Bewährung stehende die Tat gestanden hat!
Wird von einem Verstoß gegen Auflagen und/oder Weisungen ausgegangen, ist stets zu hinterfragen, ob dieser von einem den Widerruf rechtfertigenden Gewicht ist. Die Auflagen und Weisungen müssen außerdem rechtmäßig sein. Bloße Formalverstöße gegen Auflagen und Weisungen genügen nicht, für den Widerruf ist immer zu fragen, ob der Verstoß zu einer negativen Kriminalprognose führt. Haben Sie gegen Auflagen verstoßen (zur Erinnerung: diese dienen der Widergutmachung des Unrechts der Tat, in der Regel in Form von Geldauflagen!) ist außerdem immer zu prüfen, ob Sie zur Einhaltung der Auflage überhaupt in der Lage waren bzw. falls nicht, ob Sie diese Situation selbst verschuldet haben.
Sofern Gericht und/oder Staatsanwaltschaft bei Ihnen Gründe für den Widerruf der Bewährung annehmen, richtet sich das Verfahren nach § 453 StPO.
Danach entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss. Der Angeklagte sowie die Staatsanwaltschaft sind vorher zu hören, wobei dies in aller Regel nicht die mündliche Anhörung bedeutet, sondern die schriftliche Inkenntnissetzung mit der Möglichkeit zur Stellungnahme. Eine mündliche Anhörung soll erfolgen, wenn Grund für den drohenden Widerruf der Bewährung ein Verstoß gegen Auflagen und Weisungen ist.
Dies ist der Zeitpunkt, indem Sie einen Verteidiger beauftragen sollten. Im Grunde droht hier - genau wie in der vorherigen Hauptverhandlung - schlicht und ergreifend eine Freiheitsstrafe. Sie sollten das Verfahren auf keinen Fall auf die leichte Schulter nehmen und auf den guten Willen der Strafverfolgungsbehörden oder des Zutuns Ihres Bewährungshelfers setzen. Sicherlich gibt es in der Praxis beides, allerdings kann und darf man sich angesichts der Ernsthaftigkeit der Angelegenheit hierauf nicht verlassen. Ein Verteidiger wird alle zu ihren Gunsten sprechende Umstände in das Verfahren einführen und auf eine "dritte Chance" hinarbeiten.
Hat das Gericht Ihre Bewährung widerrufen, ist es auch jetzt nicht zu spät!
Gegen den Beschluss kann Beschwerde eingelegt werden, und zwar innerhalb einer Frist von einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung. Notieren Sie sich diese Frist und nehmen Sie sofort Kontakt zu einem Strafverteidiger auf!
Sofern bei Ihnen also ein Widerruf der Bewährung im Raum steht oder dieser schon erfolgt ist, verzweifeln Sie nicht, sondern wenden Sie sich an einen Strafverteidiger. Wird Ihnen innerhalb Ihrer Bewährungszeit eine neue Straftat vorgeworfen, haben Sie einen Anspruch auf einen Pflichtverteidiger! Ich übernehme Ihre Vertretung in jeder Verfahrenslage. Auch als Pflichtverteidigerin.