Wenn ein Haftbefehl gegen Sie vorliegt oder einer Ihrer Angehörigen verhaftet wurde, stellt dies immer eine Extremsituation dar. Die Verhaftung ist sowohl für den Betroffenen als auch für Familie und Freunde extrem belastend. Gerade in der Anfangszeit der Haft ist der Verhaftete weitestgehend von der Außenwelt abgeschnitten. Eine unüberwachte Kommunikation oder überhaupt eine Gespräche können meistens nur mit dem Verteidiger stattfinden.
Nachstehend erläutere ich Ihnen, wie Sie sich verhalten.
Erfahren Sie, dass gegen Sie ein Haftbefehl vorliegt oder ist ein Freund oder Angehöriger verhaftet worden, benötigen Sie umgehend anwaltliche Hilfe.
Nur der Anwalt erhält eine sofortige Besuchserlaubnis und kann dem Verhafteten die unbedingt erforderliche anwaltliche Unterstützung geben. Im Fall einer Verhaftung liegen die Nerven blank - entsprechend groß ist die Gefahr, durch unüberlegte Aussagen gegenüber den Ermittlungsbehörden in der Hoffnung auf Freilassung die Situation zu verschlimmern.
Sind Sie noch nicht Haft, wissen aber, dass die Festnahme droht, sind Sie ebenfalls auf sofortige anwaltliche Hilfeleistung angewiesen. Der Anwalt kann Kontakt zu den Strafverfolgungsbehörden aufnehmen und den Grund der Maßnahme sowie mögliche mildere Mittel erörtern. Möglicherweise kann auch das Vorliegen eines Haftgrundes widerlegt werden. Führt an der Untersuchungshaft zunächst kein Weg vorbei, sollten Sie sich beim Stellen gegenüber der Polizei unbedingt begleiten lassen. Keineswegs sollten Sie unüberlegt und ohne anwaltlichen Konsultation die Flucht antreten - werden Sie bei Ihrer Flucht von der Polizei aufgegriffen, indiziert der Fluchtversuch den Haftgrund der Fluchtgefahr - mit der Folge, dass dieser später kaum mehr zu widerlegen sein wird.
Rufen Sie mich in jeder Notsituation einer Verhaftung oder Festnahme an: 0176 243 19 211.
Ein Haftbefehl wird auf Antrag der Staatsanwaltschaft vom Richter erlassen, wenn gem. § 112 StPO
Dringender Tatverdacht liegt vor, wenn nach dem Ergebnis der Ermittlungen eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beschuldigte die ihm vorgeworfene Straftat begangen hat.
Bereits hier bieten sich in der Praxis die ersten Ansatzmöglichkeiten für eine effektive Verteidigung. Ist die Beweislage wirklich erdrückend oder hat die Staatsanwaltschaft etwas übersehen? Können die Vorwürfe durch entsprechende Gegenbeweise entkräftet werden? Sind die Belastungszeugen glaubwürdig? Sind Aussagen widersprüchlich? Nicht selten hat bereits eine erste Durchsicht der Akte ergeben, dass wesentliche für den Beschuldigten sprechende Umstände übersehen wurden.
Als Haftgründe nennt das Gesetz in §§ 112 Abs. 2, 112a StPO:
In der Praxis begegnet dem Anwalt am häufigsten die Fluchtgefahr. Während man sich bei Fluchtgefahr nun erstmal bildlich vorstellt, wie der Beschuldigt die Koffer packt und das Land verlässt, bedarf es für die Annahme von Fluchtgefahr - vor allem in der Praxis der Gerichte - viel weniger. Das Gesetz definiert Fluchtgefahr in § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO als die Gefahr, dass der Beschuldigte sich dem Strafverfahren entziehen werde. Dafür genügt nach Auffassung vieler Gerichte und vor allem Staatsanwälte schon die Gefahr, dass der Beschuldigte nicht zum Termin erscheint. Hat der Beschuldigte keinen festen Wohnsitz oder aus anderen Gründen keine ladungsfähige Anschrift, wird oft pauschal Fluchtgefahr angenommen. Dies hat zur Folge, dass Obdachlose oder Ausländer ohne festen Aufenthaltsort auch bei Kleinstkriminalität sofort festgenommen werden und Untersuchungshaft vollstreckt wird.
Auch hier bieten sich viele Verteidigungsansätze, um die Annahme der Fluchtgefahr zu widerlegen!
Sind Sie Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren oder rechnen damit, zum Beschuldigten zu werden, sollten Sie unter Zuhilfenahme anwaltlichen Rates von vornherein dafür sorgen, dass den Ermittlungsbehörden kein Anlass für die Behauptung einer Fluchtgefahr gegeben wird.
Der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr wird in der Praxis der Strafverfolgungsbehörden insbesondere im Bereich der organisierten Kriminalität angenommen. Verdunkelungsgefahr liegt gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 3 StPO vor, wenn Sie durch Ihr Verhalten den dringenden Verdacht begründen Beweismittel zu vernichten oder auf Mitbeschuldigte, Zeugen oder Sachverständige in unlauterer Weise einwirken oder einwirken zu lassen wenn deshalb die Gefahr droht, dass die Ermittlung der Wahrheit erschwert wird. Werden Sie beispielsweise wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln festgenommen, droht sofort der Haftgrund der Verdunkelungsgefahr. Nicht selten wird sofort angenommen, dass der Beschuldigte sowieso auf Mittäter und Zeugen einwirken bzw. diese warnen wird.
Die besondere Gefahr liegt hierbei darin, dass über den Haftgrund der Verdunkelungsgefahr versucht wird, Ihnen ein Geständnis zu entlocken. Unter dem Druck der Untersuchungshaft knicken hier nicht selten Beschuldigte ein. Auch hier gilt: Fehler, die Sie jetzt machen, lassen sich später nicht mehr korrigieren. Mag die Freiheit auch noch so verlockend sein - abgerechnet wird am Schluss! Die Entlassung aus der Untersuchungshaft bewahrt Sie nicht davor, am Ende zu einer Freiheitsstrafe verurteilt zu werden, dessen tragende Grundlage Ihr unter Druck unüberlegt abgegebenes Geständnis sein kann. Sie sollten daher auch in der Hoffnung auf eine Vermeidung von Untersuchungshaft niemals eine Aussage ohne vorherige Rücksprache mit einem erfahrenen Verteidiger machen.
Den weiteren, besonderen Haftgrund der Wiederholungsgefahr regelt § 112a StPO für bestimmte Deliktsypen. Ist der Beschuldigte einer Sexualstraftat oder einer Nachstellung oder der wiederholten Begehung der in § 112a Abs. 2 StPO aufgezählten Delikte (beispielsweise Betrug, Brandstiftung oder bandenmäßiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge) dringend verdächtig und besteht die durch Tatsachen begründete Gefahr, dass er vor rechtskräftiger Aburteilung weitere erhebliche Straftaten gleicher Art begeht, ist auch dies ein Grund für die Anordnung der Untersuchungshaft.
Die Verhaftung selbst erfolgt ihrem Zweck entsprechend in aller Regel für den Beschuldigten überraschend. Es ist in dieser Situation sehr wichtig, einen einigermaßen kühlen Kopf zu bewahren und sich der Verhaftung nicht zu widersetzen. Die Grenze zu einem strafbaren Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB) ist leicht überschritten und verschafft Ihnen nur zusätzliche Probleme. Am Ende werden Sie gegen die Verhaftung in dieser Situation sowieso nichts unternehmen können.
Das bedeutet natürlich nicht, dass Sie sich alles gefallen lassen sollen und müssen! Jedwede Anwendung von unverhältnismäßiger Gewalt durch die Beamten ist rechtswidrig. Das Gesetz schreibt den Vollstreckungsbeamten außerdem wesentliche Formvorschriften vor, die zu beachten sind und auf deren Einhaltung Sie achten sollten. Die Nichtbeachtung verletzt Sie in Ihren Rechten und sollte in das Verfahren eingeführt werden, sofern hierzu Anlass besteht. Merken Sie sich Verstöße und den handelnden Beamten.
Die Pflichten der Beamten sowie Ihre Rechte ergeben sich aus §§ 114aff. StPO:
Das alles müssen Sie sich jetzt nicht unbedingt merken. Für Sie gelten gerade im Fall der Verhaftung vor allem die drei goldenen Regeln:
Ist die Verhaftung als solche durchgeführt, werden Sie zunächst in ein Polizeigewahrsam verbracht. Dies ist in Berlin in der Regel eine der Gefangenensammelstellen (GeSa):
Bereits dort besuche ich Sie oder Ihren Angehörigen kurzfristig um zunächst das wichtigste zu besprechen. Von der GeSa erfolgt der Transport in eine der Haftanstalten, in Berlin in den allermeisten Fällen in die JVA Moabit, wo die Untersuchungshaft vollzogen wird.
Der Verhaftete ist spätestens am Tag nach seiner Ergreifung dem zuständigen Richter vorzuführen § 115 StPO. Dort ist er "über den Gegenstand der Beschuldigung zu vernehmen" - und hier lauert ohne einen Verteidiger oder zumindest vorherige Rücksprache mit diesem die nächste Gefahr. Jeder Beschuldigte ist versucht, "die Sache gerade zu rücken" und redet sich dabei womöglich um Kopf und Kragen. Das Redebedürfnis ist menschlich. Und genau das kann Ihnen zum Verhängnis werden. Richtig ist, dass es in einigen Fällen Sinn machen kann sich bereits bei der Vorführung zur Sache einzulassen. Allerdings niemals ohne vorherige Akteneinsicht und Rücksprache mit einem Verteidiger.
Der zuständige Haftrichter entscheidet, ob
Wird der Haftbefehl erlassen oder Aufrechterhalten, wird der Beschuldigte in die Untersuchungshaft verbracht. Zu den Berliner Gefängnissen lesen Sie hier. Zum Ablauf der Untersuchungshaft und den Rechtsmitteln gegen deren Anordnung lesen Sie hier.
Andere Möglichkeiten sind die Ablehnung des Antrags auf Erlass eines Haftbefehls, die Aufhebung eines bereits erlassenen Haftbefehls und die Verschonung von dem Vollzug des Haftbefehls unter Auflagen. In allen Fällen kommt der Beschuldigte auf freien Fuß, das Ermittlungsverfahren läuft aber weiter. Setzen Sie sich auch in diesen Fällen mit einem Anwalt für Strafrecht in Verbindung um den Hintergrund der Festnahme zu erfahren und frühzeitig auf den Gang des weiteren Ermittlungsverfahrens einzuwirken. Unter Umständen stehen Ihnen außerdem Entschädigungsansprüche zu.
Rufen Sie mich schnell, unkompliziert und kostenlos für eine Ersteinschätzung an. Danach entscheiden Sie, ob Sie sich durch mich vertreten lassen.